Vision

Ich war immer schon eine Idealistin. Anfangs fiel es mir gar nicht so sehr auf, man neigt ja dazu, davon auszugehen, dass alle anderen die Welt auch so wahrnehmen, wie das in einem tief eingeprägt ist. Meine erste bewusst gewordene Enttäuschung passierte während des Gymnasiums. Ich und zwei Klassenkameraden durften für ein paar Tage in einer Bücherei bei administrativen Tätigkeiten mithelfen. Während ich sehr gewissenhaft die Bücher sortiert und in die Kataloge aufgenommen habe, interessierte das Resultat unserer Arbeit meine Schulkollegen weniger und sie haben manchmal sogar fast absichtlich einiges nicht beachtet. Ihnen ging es offensichtlich nur darum, dass wir wenigstens in dieser Zeit nicht in der Schule sitzen. Als Sportlerin war mir diese Einstellung total neu und bis dahin unvorstellbar. Ergänzend sei es erwähnt, dass wir im Hort den Nachmittag mit dem folgenden Gedicht von Attila Jozsef starteten (freie Übersetzung aus dem Ungarischen):

„Wenn arbeiten, dann nur ordentlich und schön, gleich wie die Sterne am Himmel wandern, nur so lohnt es sich.”

Wenn man das 3 Jahre lang fast jeden Tag mantraartig zitiert, wird es eine Programmierung. In diesem Fall nicht unbedingt hinderlich, aber es erschafft eine starke Prägung, die in der oben genannten Situation zum Vorschein kam.

 

Auf jeden Fall fiel mir auf, dass es einen Unterschied darin gibt, wie gewisse Sachen ideal mit möglichst wenig Energieaufwand angegangen werden sollten, und wie es dann durch menschliche Einstellungen in der Praxis passiert.

Ich möchte meinen Idealismus nicht aufgeben, nur lernte ich mittlerweile die Realität als Ausgangspunkt miteinzubeziehen. Somit mögen vielleicht die einzelnen Punkte meiner Vision fast schon unrealistisch klingen, dennoch es ist schon höchste Zeit, sie auf den Tisch zu legen. Vielleicht öffnet es in dem einen oder anderen Leser neue Türen auf dem Gebilde des Erdenklichen. 

In meiner Vision hat also der Großteil der Menschen schon erkannt, dass sie wunderbare Schöpferwesen mit einem freien Willen und ständig bemüht sind, die Funktionsweise ihrer Schöpfung zu studieren und zu optimieren. Entsprechend wird die volle Verantwortung für das eigene Geschöpf übernommen, wissend dass all das, was mit uns passiert, aus uns kommt. Das Prinzip der Ursache und Wirkung, in anderen Worten Karma, wirkt überall und immerwährend, sogar lebensübergreifend.

Wissend dass man das zurückbekommt, was man aussendet, werden Beweggründe wie Hass, Neid, Gier, übermäßige Erhaltungstriebe, Opferhaltung, Martertum, Helfersyndrom, Ruhm, jegliche Art von Sucht, Angst, Scham, Zorn, Rache, Selbstablehnung, Mangeldenken nachlassen, bis wir sie komplett verabschieden. Je mehr Einzelne das schaffen, desto mehr blühen neue Gesellschaftsformen auf, wo die Entfaltung des menschlichen Potenzials von der Allgemeinheit gefördert wird und die Kooperation und das Miteinander den Wettbewerb ablöst. 

In meiner Vision ist spirituelles Grundwissen kein Tabuthema mehr, sondern eine Ressource, die auch sinnvoll und göttlich eingesetzt wird; somit erlebt sich der Mensch als Teil von etwas Größerem. Er kennt und erkennt die Auswirkungen der eigenen Handlungen auf das Ganze und spielt es nicht klein. Er hält sich selbst mental, emotional und körperlich eigenverantwortlich gesund und lebt seine Berufung. In der Bildung wird auf Förderung der eigenen Fähigkeiten und Interessen gesetzt statt dem aktuell verbreiteten Gedächtnistraining, ohne Anspruch auf Verinnerlichung der Lerninhalte.

Je mehr Verantwortung die Einzelnen auf sich nehmen, desto weniger brauchen wir Institutionen, die uns diese Funktion abnehmen. Wenn wir alle in unserem Alltagsleben auf Gesundheit setzen, dann brauchen wir weniger Ärzte, wenn wir mehr aufs Vertrauen setzen, brauchen wir weniger Kontrolle (Gerichte, Anwählte, Polizei, usw.) und Absicherung (Versicherungen, Überwachungskameras). Wenn wir uns mehr als Teil von etwas Größerem sehen, erschaffen wir keine so große Ungleichgewichte in der Wirtschaft und der Natur, wie es aktuell der Fall ist, und unsere Systeme werden automatisch nachhaltig. Es ist ja genug für Alle da, es ist nur eine Frage der Organisation und des gesellschaftlichen Konsenses, wie unsere Schätze verteilt werden und wie wir mehr Gerechtigkeit schaffen. Vielleicht erlebe ich noch, dass wir auf ein nachhaltigeres Geld– und Wirtschaftssystem umsteigen.

Hast du diesbezüglich Visionen? Kannst du ein inneres OK für diese Veränderungen geben, oder hindern dich noch gewisse Glaubensätze daran?

 

Share This